Die Fahrt mit dem Mountain Bike auf der alten Bahnstrecke über die Rimutaka Bergkette stand schon lange auf meiner To-Do-Liste. Ein neues Jahr, traumhaftes Sommerwetter und ein freier Ferientag waren Gründe genug, um diese Strecke endlich in Angriff zu nehmen.
Als ich am Morgen um acht Uhr aufbrach, wusste ich nicht genau, was mich erwarten würde. Die Distanz konnte ich ungefähr einschätzen, da wir die Strecke von Wellington nach Featherston erst letzte Woche in knapp einer Stunde mit dem Auto zurücklegten, als wir mit meinen Eltern zum Winetasting ins Wairarapa fuhren. Mit dem Velo ist die Distanz allerdings etwas grösser, da der Weg dem Hutt River sowie der alten Bahnstrecke und nicht der direkten Hauptstrasse folgt. Gemäss Google Maps handelt es sich um etwas mehr als 75 Kilometer. Während diese Angabe korrekt zu sein scheint, ist die geschätzte Fahrzeit von fünfeinhalb Stunden etwas untertrieben. Ich benötigte mit einigen Verpflegungspausen knapp sieben Stunden.
Der erste Teil der Strecke von Wellington nach Petone ist nicht wirklich empfehlenswert, da man direkt neben und teilweise auf einer vierspurigen Autobahn fahren muss. Allerdings beginnt der Rimutaka Cycle Trail offiziell auch erst an der Petone Wharf. Von dort aus fährt man praktisch ausschliesslich auf Kies-, Waldwegen oder Wiesen ganz ohne Autoverkehr. Lediglich einige kurze Verbindungsstrecken führen über wenig befahrene Nebenstrassen.
Der Start am Petone Beach veranlasste mich bereits zu einer ersten kurzen Pause, um das Morgentreiben am Strand zu fotografieren. Anschliessend biegt man Richtung Norden ab, und folgt während einigen Stunden dem Hutt River Trail. Das Salzwasser macht dem Süsswasser Platz und man taucht in eine idyllische Flusslandschaft ein. Der Fluss schlängelt sich durch das steinige Flussbett und die grüne Landschaft und wird dabei laufend schmaler. Vorbei an Golfplätzen und Parks welche zum Grillieren und Baden einladen, kommt die Bergkette immer näher. Nach knapp drei Stunden erreichte ich das Ende des Hutt River Trails. Hier hatte ich etwas Mühe, die Fortsetzung der Strecke zu finden. Ich folgte einem Strassenschild Richtung „Rimutaka Rail Trail“ und fuhr einige Kilometer auf einer Nebenstrasse bis zur Maymorn Bahnstation. Diese befindet sich kurz vor dem Tunnelportal der heutigen Wairarapa Bahnlinie.
In Maymorn verliess ich die Strasse wieder, tauchte in den Wald ein und radelte meine ersten Kilometer auf der alten Rimutaka Bahnstrecke. Nach dem steilsten Anstieg des gesamten Tages erreichte ich den ersten Tunnel. Die Fahrt durch einen dunklen, feuchten, ausgedienten Bahntunnel ist etwas gewöhnungsbedürftig. Es folgten später noch vier weitere Tunnels. Zumindest im längsten Tunnel (der Summit Tunnel ist mehr als 500 Meter lang) war ich froh, eine Taschenlampe dabei zu haben.
Auf der Bahnstrecke ist man völlig abgelegen und mitten in der unberührten Natur auch wenn man in regelmässigen Abständen Informationstafeln begegnet, welche über die faszinierende Geschichte dieser Bahnlinie informieren. Die Steigung lässt sich von Wellington kommend problemlos bewältigen. Würde man die Strecke in umgekehrter Richtung befahren, wäre der Anstieg einiges anstrengender. Ich genoss nach dem Summit Tunnel eine rasante Abfahrt dem Wairarapa See entgegen. Dort angekommen, würde der Rimutaka Cycle Trail nach rechts abbiegen und zum abgelegenen Ocean Beach weiterführen. Ich hatte allerdings genug für diesen Tag und bog nach links ab. Bei ziemlich grosser Hitze (wie immer war es in Wairarapa einiges wärmer als in Wellington) folgten etwas mehr als 10 Kilometer auf einer wenig befahrenen Strasse bis ich um 3 Uhr in Featherston ankam. Glücklich aber müde genoss ich eine eiskalte Cola und einen Pie und wartete auf den nächsten Zug, welcher mich in etwas mehr als einer Stunde zurück nach Wellington brachte.
Es war ein herrlicher Tag. Ich kann gut verstehen, warum der Rimutaka Cycle Trail von Lonely Planet in die Liste der angesagtesten, neuen Reiseerlebnisse für 2015 aufgenommen wurde.
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